Es ist Donnerstag, der 28. Februar, Weiberfastnacht und Maggie Rogers in der Stadt. Zuletzt konnte man sie 2017 im Frannz Club live erleben. Für ihr zweites Berlin-Konzert hat sie sich etwa hundert Meter weiter zum Kesselhaus der Kulturbrauerei bewegt. Auf dem Weg zum Eingang kurz die Überlegung: Sollte man sich nicht doch in die Schlange nebenan einordnen und auf eine der vermutlich drei Karnevalspartys in ganz Berlin gehen? Nein! Das Album ist viel zu gut, die Karten seit Monaten gekauft und außerdem lockt schon der Sound von Support-Act Mallrat, die uns mit Elektropop versucht, einzustimmen. Leider ist das Publikum noch etwas schläfrig unterwegs.

If I was who I was before / Then I’d be waiting at your door / But I cannot confess I am the same“ – als die ersten Zeilen von „Give A Little“ erklingen, sind plötzlich alle hellwach. Maggie Rogers springt auf die Bühne und füllt den Saal sofort mit Euphorie. Ihr Tanz ist on point, ihr Outfit ebenfalls: Im Zebra-Zweiteiler könnte man meinen, sie komme gerade von der Party nebenan – tatsächlich gehört das aber zu ihrem unverwechselbaren Stil. Rote Plateau-Pumps, die Haare offen und einen Tick zu lang, wirbelt sie über die Bühne und feiert ganz offensichtlich ihre eigene Party, mit der sie ausnahmslos alle im Raum ansteckt.

Maggie Rogers on stage

Maggie in ihrem Element.
Foto: Kim Lange

Maggie fühlt sich sichtlich wohl vor dem Berliner Publikum, performt mit ihrer vierköpfigen Band die Songs des neuen Albums „Heard It In A Past Life“ genauso wie ältere Stücke à la „Dog Years“ und hat zwischendrin immer einiges zu sagen. Wir erfahren, dass Berlin sie vor allem musikalisch sehr inspiriert hat. Sie liebt diese Stadt, einige ihrer besten Freunde wohnen hier, und später verrät sie außerdem, dass dies ihr bisher schönstes Konzert auf der gesamten Tour war. Das Publikum, zu 80% weiblich, dankt es ihr mit großer Begeisterung und Textsicherheit.

Fast genau drei Jahre ist es nun her, dass die damalige Studentin der New Yorker Tisch School of the Arts während einer Masterclass von Produzent Pharrell Williams entdeckt wird: Eine handvoll Studenten darf dem dem Musikmogul einen selbstgeschriebenen Song präsentieren. Maggie wählt „Alaska“, was sie ein paar Tage zuvor innerhalb von vier Stunden geschrieben hatte, Pharrell kommt schon nach den ersten Takten nicht mehr klar und gibt ihr nach Ende des Songs das wohl größte Kompliment, das man sich wünschen kann: „Du machst dein eigenes Ding, das ist einzigartig. Wie damals, als der Wu-Tang-Clan raus kam – entweder man mochte sie, oder nicht. Aber es gab einfach nichts Vergleichbares.“ Das zugehörige Video verbreitet sich binnen kürzester Zeit im Netz und verzeichnet mittlerweile über eine Million Aufrufe. Quasi über Nacht vom Banjo-Girl, wie sie an ihrer Uni genannt wird, zum neuen Star am US-amerikanischen Folk-Pop-Himmel – die Story spiegelt sich natürlich auch in Maggies Lyrics wieder.

Maggie Rogers on stage

„Still dancing at the end of the day.“
Foto: Kim Lange

Ob es ihre Liebe zu Berlin ist, oder einfach ihr authentisches Auftreten, ihr natürlicher All-American-Girl-Look, mit dem sie einerseits kokettiert, aber vor allem bezaubert – fest steht: Das Publikum liebt diese bescheidene Person, die uns vorbehaltslos ihr Seelenleben in der schönsten aller Formen offenbart. Ich bin wohl nicht die einzige, bei der in diesen 75 Minuten der Wunsch aufkommt, mit Maggie Rogers gut befreundet zu sein.

Es ist eines dieser Konzerte, bei denen man komplett die Zeit vergisst und fast schon schockiert ist, als Maggie “one last song“ ankündigt – nicht ohne eine kleine Sidenote. „Irgendwie lustig, dass ich mir freiwillig ausgesucht habe, jeden Abend aufs neue die schlimmsten Momente meines Lebens immer und immer wieder zu durchleben, während ich auf der Bühne stehe“, erzählt sie. „Da kann man nicht anders, als einfach loszulassen. Also, lasst los!“ Eine kleine Zugabe in Form des “Colour Song“ gibt es dennoch, bevor sie von der Bühne verschwindet und die euphorisierte Menge mit Whitney Houstons “I Wanna Dance With Somebody“ zurücklässt. Maggies Anweisung gehen damit alle nach und verwandeln den Saal kurzfristig in eine wilde 80er-Party, bevor dieser großartige Abend im allgemeinen Gewusel Richtung Ausgang endet.

Setlist:

  1. Give A Little
  2. Burning
  3. Say It
  4. Dog Years
  5. Overnight
  6. Light On
  7. Alaska
  8. The Knife
  9. Angel from Montgomery (Jon Prine Cover)
  10. Retrograde
  11. Back in My Body
  12. Fallingwater

Encore:

13. Colour Song

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